Österreich war aufgrund spezieller Regelungen im österreichischen Erbschaftssteuerrecht für deutsche Bundesbürger ein attraktiver Standort zur Reduktion der Erbschaftssteuerbelastung. Um von den günstigeren Bestimmungen des österreichischen Erbschaftssteuerrechts zu profitieren, haben in der Vergangenheit viele deutsche Bürger ihren Wohnsitz oder den Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Österreich verlagert und konnten dadurch – auch bei sofortigem Ableben des nach Österreich Zuziehenden – die Erbschaftssteuerpflicht aufgrund des DBA großteils nach Österreich verlagern. Diese „Erbschaftssteuerflucht“ nach Österreich hat die deutsche Bundesregierung mit der Aufhebung des DBA nunmehr wesentlich eingeschränkt.
Durch die Aufhebung des DBA kann es bis zur Abschaffung der österreichischen Erbschaftssteuer und für Erbschaften im Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.7.2008 zu einer Doppelbesteuerung kommen, sofern einer der Beteiligten (Erblasser oder Erbe) seinen Wohnsitz oder Zweitwohnsitz in Deutschland hat. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollten bereits bei Testamentsabfassung Maßnahmen zur Verschiebung des Besteuerungszeitpunktes überlegt werden.
Steuerpflicht des „Weltvermögens“
Im Rahmen des bisher geltenden DBA waren unbewegliches Vermögen und damit zusammenhängende Nutzungsrechte ausschließlich in jenem Land erbschaftssteuerpflichtig, in dem das Vermögen lag. Ähnliches galt für Vermögen, das in einer Betriebsstätte verwendet wurde. Auch dieses Vermögen durfte nur von jenem Staat besteuert werden, in dem die Betriebsstätte lag. In allen anderen Fällen durfte das Nachlassvermögen nur in jenem Staat besteuert werden, in dem der Erblasser zur Zeit seines Ablebens seinen Wohnsitz hatte. Verfügte der Erblasser sowohl in Deutschland als auch in Österreich über einen Wohnsitz, wurde auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abgestellt.
In Österreich sind ab 1.8.2008 – soferne bis dahin keine Ersatzregelung getroffen wird – sämtliche Erbschaften steuerfrei. Wer aber künftig als Erblasser oder Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland hat, wird in Deutschland voll erbschaftssteuerpflichtig. Eine Verlegung des Wohnsitzes nach Österreich kann die Erbschaftssteuerpflicht vom gesamten Nachlassvermögen in Deutschland nur dann vermeiden, wenn zwischen Wohnsitzverlegung und Erbanfall mehr als fünf Jahre vergangen sind.
Österreichische Staatsbürger mit Zweitwohnsitz in Deutschland
Für bestimmte Nachlassvermögensteile sieht das deutsche Erbschaftssteuerrecht sogar noch bis zu 10 Jahre nach erfolgtem Wegzug aus Deutschland eine Erbschaftssteuerpflicht vor, sofern der Erblasser oder Erbe vor dem Wegzug zumindest 5 Jahre in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Daher sollte im Falle eines Zuzuges des künftigen Erblassers oder Erben von Deutschland nach Österreich innerhalb der letzten 10 Jahre jedenfalls ein deutscher Steuerberater kontaktiert werden.
Zu beachten ist, dass künftig auch österreichische Staatsbürger, die in Deutschland über einen Zweitwohnsitz verfügen, als Erblasser oder Erben der deutschen Erbschaftssteuerpflicht unterliegen, unabhängig davon, in welchem Land das Nachlassvermögen liegt! Darüber hinaus wird die Erbschaftssteuer ausländischer Liegenschaften (daher auch die deutsche Erbschaftssteuer von in Österreich gelegenen Liegenschaften) in Deutschland nicht vom Einheitswert sondern vom Verkehrswert bemessen, was in Zukunft unter Umständen zu einer deutlich höheren Erbschaftssteuerbelastung führen kann.
Kapitalvermögen
Kapitalvermögen (Sparbücher, Aktien, Anleihen, Anteile an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften unter 1%), das ein österreichischer Erblasser deutschen Erben hinterließ, durfte in der Vergangenheit aufgrund des DBA nur in Österreich besteuert werden, wobei Österreich bereits in der Vergangenheit Kapitalvermögen weitestgehend von der Erbschaftssteuer freigestellt hat. Aufgrund des Wegfalls des DBA werden diese Vorgänge künftig sowohl in Österreich (Wohnsitz des Erblassers) als auch in Deutschland (Wohnsitz der Erben) steuerbar. In Österreich sind diese Fälle wie bisher weitestgehend, ab 1.8.2008 steuerfrei. Die deutschen Erben aber werden vom deutschen Fiskus künftig zur Kasse gebeten.
Insbesondere ist das Vererben von Anteilen an deutschen Kapitalgesellschaften ab einem Beteiligungsausmaß von 10% durch den Wegfall des DBA künftig jedenfalls in Deutschland steuerpflichtig. Dies gilt unabhängig davon, wo der Erblasser/Erbe seinen Wohnsitz unterhält.
Immobilien
Wurde in der Vergangenheit eine österreichische Immobilie geerbt oder vererbt, durfte nach dem DBA nur Österreich eine Erbschaftssteuer einheben. Mit Aufhebung des DBA wird dieser Sachverhalt in beiden Ländern steuerbar: Österreich wird als Belegenheitsstaat der Immobilie oder als Wohnsitzstaat des Erblassers oder Erben noch bis 31.7.2008 von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch machen. Deutschland wird hingegen – unabhängig davon, ob in Österreich ab 1.8.2008 Erbschaften von Immobilien steuerfrei sind – eine Erbschaftsteuer bemessen vom Verkehrswert der Immobilie einheben, wenn entweder Erblasser oder Erbe einen (Zweit-)Wohnsitz in Deutschland unterhalten.“